Wir müssen reden über Authentizität und Glaubwürdigkeit. Wir müssen reden über Menschen, die Wasser predigen und Wein saufen. Wir müssen reden über die Art, wie Politik gemacht wird. Wir müssen darüber reden, wie wir reden. Wir müssen darüber reden, mit wem wir reden und nicht reden. Vor allem müssen wir miteinander reden, statt übereinander zu reden…
So, wie Bildung und Solidarität Grundpfeiler einer gerechteren Gesellschaft sind, so sind es Kommunikation, Kompromissbereitschaft, Offenheit und kongruentes Handeln für die Politik.
Ich will kurz zwei Parteien skizzieren:
Es gibt da eine Partei, die hat tolle Ideen, kritisiert Dinge, die in der aktuellen Politik schief laufen und geändert gehören und legt Finger in diese Wunden.
Sie kritisiert, dass Politik nicht für alle gemacht wird, sondern für bestimmte Gruppen
Sie kritisiert, dass es keine Themenkoalitionen gibt, sondern aus Kalkül Anträge abgelehnt werden, weil sie der Falsche stellt
Sie kritisiert, dass es Dinge wie Fraktionszwang gibt und nicht der Einzelne entscheidet
Sie kritisiert, dass Fakten hinter persönlichen Animositäten oder Parteikalkül zurückstehen
Sie kritisiert, dass andere Meinungen nicht gewünscht sind oder ihnen kein Platz eingeräumt wird
Sie kritisiert, dass sich vieles intransparent im Hintergrund abspielt, nicht nachvollziehbar für Außenstehende
Sie kritisiert, dass mit Worthülsen und Neusprech agiert wird
Sie kritisiert, dass Köpfe wichtiger sind, als Themen
Sie kritisiert Elitenbildung
Sie kritisiert Bigotterie und die Entfernung vom Volk als Basis
Sie kritisiert, dass Probleme nicht sinnvoll angegangen, sondern ausgesessen werden
Sie kritisiert noch mehr und das ist auch gut so!
Es gibt auch eine Partei, die sich intern zerfleischt, wo einiges schiefläuft, wo Finger, wenn überhaupt, dann destruktiv in Wunden gelegt werden.
Eine Partei, die intern stark durch Gruppendenken und persönliche Animositäten geprägt ist
Eine Partei, wo nicht jeder einfach so mitmachen kann, ohne sich in Schusslinien zu begeben
Eine Partei, wo andere Meinungen schnell durch Blocken oder Diffamieren unterdrückt werden, wo gewinnt, wer laut ist
Eine Partei, in der Diskussionskultur in erschreckender Form zu finden ist
Eine Partei in der, statt konstruktiv und themenbezogen zusammenzuarbeiten, auch, wenn man bei anderen unterschiedlicher Meinung ist, eben dies nicht geschieht
Eine Partei, in der Köpfe und Gruppen wichtiger sind, als Themen
Eine Partei, in der sich deutlich Gruppen mit elitärem Denken und Gehabe offenbaren (dazu noch Sprache nutzen, die viele nicht verstehen)
Eine Partei, in der Menschen für Gleichberechtigung und Grundrechte kämpfen und dabei andere mundtot machen, rhetorisch in unschöne Ecken verfrachten oder abwerten
Eine Partei, in der Menschen, die die Macht der Sprache kennen und teils deren Gebrauch anprangern, schamlos eben diese Macht nutzen
Eine Partei, in der Probleme entweder laut und heftig, dafür meist wenig konstruktiv, oder gar nicht angegangen werden
Eine Partei, in der viele Dinge auftauchen, die verhindern, dass sie sinnvoll Politik macht, Wähler gewinnt und damit sinnvolle Politik in größerem Maßstab machen kann.
Die müssen sich gegenseitig ganz schön anfauchen vermutlich, oder? Die stehen ja für komplett unterschiedliche Dinge, die zweite Partei ist quasi ein Abziehbild der Kritik der ersten Partei. Ok, die erste Partei kritisiert Politik an sich, wohingegen die zweite die Probleme intern hat, aber verstehen können die sich sicher nicht.
Doof nur, dass es nur eine Partei ist.
Authentizität, moderne Politik und Glaubwürdigkeit. Das wäre was. Bigotterie, Politik, wie bisher und keine wirkliche Aussicht auf Besserung. Das ist imo der Status Quo. Und der manifestiert Probleme, statt sie konstruktiv anzugehen. Wer Wasser predigt, aber Wein säuft, kann anderen das Selbe vorwerfen, ist aber keineswegs glaubwürdig oder ehrlich damit.
Das ganze Ding wird der Partei, je nach Wahlergebnissen, meiner Meinung nach noch dieses oder nächstes Jahr, um die Ohren fliegen. Was dann aus den guten und wichtigen Ideen wird? Keine Ahnung, aber der deutschen, alteingesessenen Politlandschaft fliegt sicher häufiger vor Lachen der Sekt aus dem Gesicht.
Gute Ziele werden von denjenigen torpediert, die sie doch fördern wollen. Verlierer sind diejenigen, die aufopferungsvoll arbeiten, zu Kompromissen bereit sind, ihre Person hintenangestellt haben. Und unsere Demokratie und die, für die Politik gemacht wird: die Menschen. Verliere werden auf Dauer auch die bisherigen Profiteure sein, denn, wenn die Bühne „Partei“ Geschichte ist, müssen einige ihre Profilneurose woanders, wohl auf kleinerer Bühne, ausleben.
Gewinner ist die bisherige Politik, bestärkt auch durch Wahlergebnisse.
Die erste Partei hätte viel Potential! Es gibt viele Menschen, die an der heutigen Politik verzweifeln, es gibt viele Menschen, die unter der heutigen Politik leiden, es gibt viele Menschen, die an der heutigen Politik viel auszusetzen haben. Aber die erste Partei darf nicht agieren, wie es die zweite Partei tut. Damit nimmt sie nicht nur sich die Chance, etwas zu erreichen, sondern erleichtert es dem derzeitigen Politikbetrieb, sein Ding weiter durchzuziehen. Menschenrechte, Freiheit, Offenheit, Gleichberechtigung und viele weitere Dinge sind wichtig, sind essentiell für eine fairere Gesellschaft, aber, genau das muss vorgelebt werden. Menschen lernen mehr und bereitwilliger durch Vorleben, als durch Vorgaben, durch Überzeugung, statt durch Überredung oder Druck.
Wir müssen reden. Miteinander, statt übereinander. Auch mit Menschen, die uns persönlich nicht passen, diese persönlichen Animositäten müssen hinter der Sache zurückstehen. Wir müssen reden, auch mit Menschen, deren Meinung uns in bestimmten Bereichen nicht passt. Wir müssen reden und versuchen, alle soweit es geht mitzunehmen, statt auszugrenzen. Wir müssen reden, mit klaren Worten, aber ohne Worte als Waffe zu gebrauchen, die spaltet und Menschen diskreditieren soll. Wir müssen reden, ohne Kampfbegriffe und Totschlagargumente, stattdessen sachbezogen und konstruktiv. Wir müssen intern reden und wir müssen extern reden, so dass die Menschen verstehen, was Sache ist und es auch glauben können. Wir müssen lernen, andere Meinungen zu tolerieren, aus ihnen zu lernen, sie gegebenenfalls integrieren oder aber die Inhalte widerlegen. Wir müssen reden miteinander, als Menschen, wir müssen reden, ohne direkt anzugreifen. Wir müssen reden, zur Not via Mediation.
Wir müssen viel reden.
Und dann dementsprechend handeln.