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#NoDuigida

Ich war heute mal wieder auf einer Demo. Ob ich demnächst auf eine ähnliche Demo gehe, muss ich noch überdenken (und das hat nichts mit den proklamierten Anliegen zu tun).

Vorgeschichte

Aufgrund dessen, was derzeit in meiner Heimat Oberhausen passiert (Gründung einer Bürgerwehr und versuchter Anschlag auf eine kommende Asylbewerberunterkunft [ https://linksunten.indymedia.org/de/node/165628 ] und  Hetze mit erfundenen Übergriffen [ http://www.rp-online.de/nrw/panorama/hetze-falschmeldungen-behindern-die-polizei-in-oberhausen-aid-1.5699714 ]) und des ersten Geburtstags des Duisburger Ablegers von Pegida dachte ich, dass es mal wieder an der Zeit wäre, mitzuhelfen dabei, zu zeigen, dass der schöne Ruhrpott keinen Platz für Rassisten – und spaltende Arschlöcher allgemein – hat.

Hätte ich zwischendurch öfter dabei sein sollen?  Grundsätzlich ja, da muss ich mich selbst auch kritisieren. Hätte ich mich immer wieder dort wohlgefühlt und wäre jetzt noch/wieder dabei? Potentiell eher nein. Warum? Der Reihe nach…

Der Anfang

… Also machte ich mich auf den Weg nach Duisburg, um an der Gegendemo der Antifa teilzunehmen. Die Anzahl war nicht mit der ersten Gegendemo (als Pegida das erste Mal in Duisburg auftrat, um schnell rechte Hools und alte Rechte zu aktivieren; später auch besorgte Bürger)  zu vergleichen, aber das hatte ich auch nicht erwartet.

Bereits zu Beginn fiel mir auf, dass ich einer der ganz wenigen (von 3-400) Menschen war, die nicht komplett in schwarz gekleidet waren – nicht falsch verstehen, ich verstehe durchaus den Sinn hinter der Uniformierung – und diese Demo alles Mögliche darstellte, aber weit entfernt davon war, eine bunte Mischung dazustellen. Es war sicher nicht so, dass Menschen außerhalb der Szene oder gar eine breite Masse sich eingeladen fühlen würde, mitzumachen.

Anfangs streikte die Technik (dementsprechend waren die Anfangsansagen nur so mittel zu verstehen, wurden aber auch nur bedingt aufmerksam verfolgt) und die Polizei äußerte (wohl vorher nicht geäußerte) Forderungen bezüglich Transparenten. Es mussten also Mindestabstände bei den Transparenten eingehalten werden (was aber, soweit ich mitbekommen habe, weder eingehalten, noch erneut eingefordert oder gar sanktioniert wurde).

Die Demo an sich

Es lief durchaus ansprechende Musik (ok, das ist natürlich sehr subjektiv) und die Demo zog durch (teils natürlich der Sperrungen geschuldet) leere Hauptstraßen mit außer massenhaft Polizei wenigen Menschen, die durch Gesänge/Parolen/Reden eventuell hätten erreicht werden können (Nähe zur Kundgebung, gegen die man ja an sich antrat [oder?] war eh nicht gegeben, wenn das wohl auch nicht Schuld der Demonstrierenden war). Teils waren es Gesänge, mit denen man sich selber der Einheit als gute Antifaschisten und als Gegner von Grenzen versicherte, teils (für mich) plumpe Gesänge gegen Deutschland und dessen Institutionen, teils Gesänge gegen Rechts an sich. Eine nicht wirklich unübliche Mischung also für eine Demo.

Die kurzen Ansagen vom Wagen nahmen gefühlt wenige Menschen wirklich auf – was leider auch absolut – und besonders bitter, wie ich finde – für die Reden am Zwischenhalt gilt. Die Pausen wurden viel mehr gefühlt dafür genutzt, mit den Menschen aus dem eigenen Umfeld alltägliche Dinge zu bereden oder einen Happen zu essen. Ob es an den Rednern lag, den Zuhörern oder den allen eh bereits bekannten Themen, kann ich nicht sagen. Vielleicht stand ich ja auch immer nur unglücklich.

Kritisiert wurde auch, dass sich die breite Masse der (Duisburger) Bürger nicht(mehr) an Protesten beteiligt.

Die Reden

Zwischenrede 1 fand ich – wie einige der Zwischenanmerkungen auf dem Weg dorthin – durchaus treffend, informativ und gelungen. Zwischenrede 2 war dann eher ein (teils legitimer, teils imo konfuser und mit modernen Fachbegriffen und Moralismen gespickter) Rundumschlag gegen alles – von Rechten über die Gesellschaft, die Polizei, den Staat, die Medien, Islamisten, Antiziganisten & Hools hin zu antiimperialistischen Linken wurde gegen alles gekeilt – das alles natürlich definiert von denjenigen, die die Rede schrieben – aber zugehört haben wie gesagt gefühlt eh nur wenige Leute…

Fazit

Puh. Auf mich wirkte vieles an dieser Demo nicht so, dass es mich dazu animieren würde, bei einer erneuten Demo in dieser Konstellation/Ansetzung mitzulaufen – wobei ich positiv hervorheben muss, dass alles sehr friedlich ablief; sowohl von den Teilnehmern, als auch der Polizei.

Natürlich war es der Anlass wert, mitzulaufen, keine Frage; aber es war für mich halt gefühlt eine Selbstbelustigung/-darstellung vieler Leute ohne weitergehenden Mehrwert. Immerhin war aber TV dabei (wohl u. A. RT, vor denen gewarnt wurde und SAT1 und WDR)…

Es wirkte auf mich wie eine Zusammenballung von Gruppen, die für sich zufrieden damit schienen, dabei zu sein, einige Parolen zu rufen und einen halbwegs geschlossenen Eindruck zu machen. Es war aufgrund der Route – und der paar verbreiteten Inhalte – auch nicht so, dass man Menschen von seinen Themen hätte überzeugen können und zuletzt war auch (bis zur Schlusskundgebung, bei der ich dann die Demo verließ) keine Störung (oder wenigstens ein akustisches/optisches Erreichen) der Pegidisten möglich (Störung/ Kenntnisnahme gab es dann nach der Demo wohl noch in kleinem Rahmen). Was ich so als Ziele für eine Demo definieren würde, wurde jedenfalls meiner Meinung nach nicht erreicht. Wüsste ich die Ziele der Organisatoren, könnte ich hier natürlich eher ein sinnvolles und weniger subjektives Fazit ziehen.

Erreicht man so die breite Masse der (Duisburger) Bürger?

Auch Teil des Fazits: Pegida bleibt für mich weiterhin etwas, wogegen man demonstrieren, die Einstellungen der Teilnehmer etwas, wogegen man argumentieren und angehen sollte.

Wer/Was fehlte mir in der Demo?

Unterrepräsentiert waren die Bevölkerungsschichten 35/40+ (was ja nun doch einen großen Teil der Gesellschaft darstellt), der weibliche Teil der Bevölkerung (dito, wenn auch besser vertreten), Träger nichtdunkler Kleidung ( :P) und auch (sehr deutlich) Menschen mit erkennbarem Migrationshintergrund. Gerade die letzte Gruppe nicht zu erreichen ist imo schon bitter. Wenn man in seinem Selbstverständnis für eine Gruppe agiert, sollte man sich dann nicht hinterfragen, wenn man genau diese nicht erreicht, diese nicht merkbar vertreten ist? Zumal die heutigen Gegner definitiv gegen diese Leute sind? (Wer hierzu Gründe/Begründungen hat, kann mir diese sehr gerne mitteilen)

Gefühlt waren es insgesamt viele kleine Gruppen, die sich in vielen Ansichten einig waren, aber dennoch unter sich in den ihnen bekannten, kleinen Gruppen blieben.

Ist das problematisch? Ja! Ein Gegenprotest, der große Teile der Gesellschaft nicht erreicht – nicht zuletzt diejenigen, für die er da sein möchte (wenn er nicht nur gegen etwas sein möchte,was bitter wäre) ist ein großes Problem; sowohl in Sachen Glaubwürdigkeit oder Legitimität, als auch wenn es um die Wirkung des Protestes und die nötigen Multiplikatoren außerhalb der eigenen Blase geht. Auch das geschlossen schwarze, aggressiv junge Auftreten mit Kapuzen und schwarzen (Leder-)Handschuhen sorgt sicher nicht dafür, dass sich die breite Masse spontan anschließt (da gibt es natürlich auch noch weitere Aspekte, aber alleine das würde meine Familie und viele meiner Bekannten schon abschrecken).

Sollte ein Signal an die Rechten gesendet werden? Sorry, aber die Rechten am Hbf haben die Demo gar nicht störend wahrgenommen (Trolle im Netz zählen nicht) und Demos nur abzuhalten, um sich nach innen zu bestärken kann doch nicht der einzige Sinn sein (wenn es auch durchaus _mal_ Sinn machen kann).

Nicht einmal wirkliche Interaktion war für mich bemerkbar; die gefühlt meisten Leute blieben trotz recht kleiner Demo (bei Großdemos oder angespannter Lage macht das ja durchaus Sinn) innerhalb ihrer kleinen Bezugsgruppe oder bei Menschen, die sie schon gut kannten (vielleicht habe ich natürlich auch nur nicht gut aufgepasst…).

Kurz: Die breite Masse der (Duisburger) Bürger fehlte mir. Warum sie fehlten? Das mag sowohl an der derzeitigen (schlimmen) Entwicklung liegen, zum Teil aber auch vielleicht an Art/Inhalt/Teilnehmerzusammensetzung der derzeitigen Proteste. Nachgedacht werden muss so oder so über Wege, diese Menschen (wieder) zu erreichen; und da sind wir alle gefragt.

Der Gegenprotest am Hbf selber wurde wohl von der Linken, den Grünen und der MLPD getragen (laut Fahnen) und war recht klein, aber immerhin in Rufweite der Rechten. Mehr kann ich dazu nicht sagen, da ich dort nur kurz verweilte.

Immerhin gab es (solange ich dabei war jedenfalls) keine sinnlosen Krawalle.

Was ich mir wünsche 

Statt eines schwarzgekleideten, fast nur jungen, weißen, männlichen Protests (und ich bin ja an sich kein Freund dieser Kategorisierungen, aber hier drängen sie sich auf, sind sie doch fast eine Karikatur des gewünschten/ proklamierten Bildes) wünsche ich mir bunten, fröhlichen Protest, der viel mehr Vielfalt zeigt und viel vielfältigere Menschen erreicht.

Vielleicht bin ich ja nur ein Träumer – sicher bin ich für einige jetzt wieder ein Nestbeschmutzer – aber das wünsche ich mir halt. Wir brauchen gerade in den heutigen Zeiten (nicht umsonst wurde zurecht vom Rechtsruck der Mitte oder zumindestens dem jetzt offener möglichen Rechtssein geredet, das vorher eher nur am Stammtisch geduldet war) eine breite Öffentlichkeit, eine offene Debatte und eine Kultur des Gemeinsam-Agierens.

Wichtig ist weiterer Protest und das Erreichen der Menschen für Menschen.

Teile der Problematik, die ich allgemein bei uns Linken sehe, habe ich bereits hier verbloggt: https://matzesgedanken.wordpress.com/2014/12/31/linke-probleme/

Linke Probleme

Wir Linken und links denkenden, aber sich nicht so bezeichnenden Menschen, haben Probleme in der Außendarstellung und somit der Überzeugung des Großteils der Menschen. Das zu bestreiten wäre weltfremd, das nur auf die Adressaten der Kritik und die „dumme Masse“ zu schieben, wäre vermessen. Nur, weil Themen und Ansichten „gut“ oder sinnvoll sind oder uns so erscheinen, werden diese noch lange nicht von anderen Menschen so gesehen, oder gar gelebt und verbreitet.

Nachfolgend ein paar Punkte, die Teile dieser Probleme – aus meiner Sicht – aufzeigen; und natürlich ineinander übergehen.

1. Ablehnung sachlicher Diskussionen
2. Fordern, statt fördern
3. Gruppendenken und Bubblementalität
4. Verwässerung von Begriffen
5. Pure Blockade & Selbstbespaßung
6. Hohes moralisches Ross
7. Gewalt(bereitschaft) und martialisches Auftreten
8. Bigotterie
9. Symptome statt Ursachen angehen
10. Zerstrittenheit

Die Liste ist natürlich nicht vollständig und die Punkte nur angerissen; es gibt noch utopische Dinge, wirtschaftliche und andere Aspekte, aber das sind ein paar derjenigen, die gerade mal raus wollten 😉

1. Ablehnung sachlicher Diskussionen

Da es vorhin als Thema aufkam, hier spontan ein paar Gedanken.

Immer wieder fällt mir auf, dass gerade Menschen, die sich dem weit linken Spektrum zuordnen (lassen), es nicht zu sachlichen Diskussionen kommen lassen (die weit rechten Leute verirren sich zum Glück seltener in meine Umgebung, sind aber sicher nicht besser, so sie denn auftauchen). Liegt es daran, dass man müde geworden ist? Liegt es daran, dass man sich für besser und besser informiert hält, als der Gegenüber? Hat man Angst vor einer Auseinandersetzung mit anderen Meinungen, weil man Angst hat, das eigene Bild könnte sich verändern, das man doch so mühsam aufgebaut hat? Wenn man die besseren Argumente hat, warum sollte man eine inhaltliche Auseinandersetzung scheuen? Denken verboten, solange es nicht die gewollten  Bahnen nimmt.

Möchtet ihr so behandelt werden? Überzeugt euch so ein Verhalten?

Wenn sich eine inhaltliche Auseinandersetzung dauernd wiederholt, warum setzt man nicht eine fundierte und überzeugende, quellen- und faktenbasierte Liste für diese Punkte auf, auf die man dann verweisen kann? Warum agiert man immer wieder mit Ablehnung der inhaltlichen Auseinandersetzung?

2. Fordern, statt fördern

Dieselben Menschen setzen häufig viele Dinge und/oder Wissen als gegeben voraus. Und damit meine ich nicht simple Grundzüge, wie dass Menschen gleiche Rechte haben sollten, egal, wen oder was sie lieben, welche Farbe ihre Haut hat, welcher Religion sie anhängen oder was für Geschlechtsorgane sie haben.

Von allen Menschen zu erwarten, dass sie sich umständlich und umfänglich informieren und dann natürlich die Meinung teilen (wobei natürlich zu beachten ist, dass Informationen aus vielen Quellen sich – und die sich dort Informierenden – auch noch per se disqualifizieren, wohingegen andere natürlich per se gut und glaubwürdig sind). Wissen voraussetzen und Nichtwissende als dumm (oder direkt als Nazi etc.) abzuspeisen ist natürlich eine sehr sinnvolle Methode der Sympathie- & Unterstützungsgewinnung und keineswegs abschreckend oder gar kontraproduktiv.

Das wird man ja wohl mal voraussetzen können!

Wenn man gleichzeitig aber die breite Masse – die man ja an sich erreichen müsste, da „die schweigende Mehrheit“ ja das oft genannte Problem ist – als dumm darstellt und von ihnen erst mal fordert, sich zu informieren, natürlich aus den richtigen Quellen, umfassend und hinterfragend, anstatt zu unterstützen, ist das sicher nicht hilfreich für die Gewinnung von Unterstützung.

Möchtet ihr so behandelt werden? Überzeugt euch so ein Verhalten?

3. Gruppendenken und Bubblementalität

In den extremen Meinungsecken ballen sich, egal um welches Thema es geht – also auch bei uns Linken jeder Couleur – Gruppen zusammen, in denen viele Ansichten als Dogma existieren, welches nie und nicht mal ansatzweise hinterfragt werden darf. Wer das doch tut, den muss man wegblocken und sich eher weiter radikalisieren, da diese Kritik der Dummen ja auch wieder Beleg dafür ist, dass man Recht hat. Jede Kritik von Außen – oder gar reflektierte Bedenken von Personen, die doch dazugehören – sorgt für Bestärkung von Innen, Abwehrreaktionen und weitere Abschottung.

Besonders sichtbar wird dies in sozialen Netzwerken, wo diese Prozesse schneller und radikaler ablaufen, als an anderen Orten unserer Welt.

Möchtet ihr klassisches „Wir vs. die Anderen“? Überzeugt euch so ein Verhalten?

4. Verwässerung von Begriffen

Klar kann man jeden als Masku, Antisemit, Nazi usw. geißeln und brandmarken, der andere Meinungen vertritt. Aber macht das Sinn? Verwässert das nicht erstens Begriffe, wie bei dem Jungen, der „Wolf“ schreit? Relativiert es nicht auch gleichzeitig die Taten & Opfer derjenigen, auf die diese Begriffe sicher zutreffen?

Ich halte diesen inflationären Gebrauch für gefährlich und schädlich.

Möchtet ihr, dass diese Begriffe nichts mehr wert sind und gleichzeitig deren eigentliche Bedeutung relativiert wird?

5. Pure Blockade & Selbstbespaßung

Yay! Wir haben mit mehreren 100 Leuten wieder mal 20 Vollidioten ihre Demo versaut, schlagt alle ein und lasst uns uns feiern, weil wir super sind!

Mal ehrlich. Wenn 20 (oder 100) Idioten mit alten Fahnen und dummen Sprüchen herumziehen, kriegen sie durch Blockaden mehr Aufmerksamkeit, als sie sonst kriegen würden und verdienen. Klar, gehen die Teilnehmer in die Hunderte oder Tausende, sieht die Sache anders aus, aber auch hier gilt für mich: Die Demo an sich ist Selbstbespaßung der Idioten und erreicht erst mal nicht viele Leute, sondern „nur“ sie selbst. Die Öffentlichkeit wird meist geschaffen durch Berichterstattung.

Ein buntes Straßenfest einige hundert Meter weiter sorgt dafür, dass die eigentliche Demo nur eine Randnotiz ist. Oder gar rein negativ auffällt in den Medien. Und zeigt direkt auch, dass man wirklih bunt, vielfältig und für Freiheit und Grundrechte ist, nicht nur gegen Idioten.

Wenn man aber in schwarz und vermummt, blockierend und aggressiv durch die Gegend zieht und zwischendurch tolle Parolen oder Gesänge von sich gibt, die Otto-Normalbürger gar nicht kapiert oder eher bedrohlich findet, was ist es dann mehr, als Selbstbespaßung? Wen und was erreicht es?

Möchtet ihr vor allem Spaß haben und eure Bubble auf die Straße tragen und in sich geschlossen halten, oder möchtet ihr was bewegen und Menschen erreichen, damit sich was ändert?

6. Hohes moralisches Ross

Immer wieder werden „Diskussionen“ sehr davon geprägt, dass von oben herab als „guter Mensch“ den bösen anderen gepredigt wird. Kommunikation auf Augenhöhe? Fehlanzeige. Wer auch nur den leisesten Verdacht erregt, er könnte Dinge, die nicht mit der Meinung der eigenen Bubble in Deckung zu bringen sind, befürworten oder auch nur bedenken, ist direkt eine persona non grata und sicher dumm und moralisch am Ende. Das geht natürlich passend einher mit den Punkten 1,3 und 4. Man selber ist ja der Gute, weil… ja weil man es halt ist!!11! Daher ist der andere natürlich zwangsläufig der Böse und es findet sich sicher ein passender Begriff – oder sonst halt eine Neuschöpfung, gerne aus dem amerikanischen – um ihn zu diffamieren.

Möchtet ihr gerne von „wissenden und moralisch überlegenen Menschen“ von oben herab behandelt werden? Überzeugt euch so ein Verhalten?

7. Gewalt(bereitschaft) und martialisches Auftreten

Ja, ich kenne und verstehe die Argumente, die für einen schwarzen Block bei Demos sprechen. Aber glaubt ihr ehrlich, dass das für viele der dort anzutreffenden Menschen der Grund für Vermummung und schwarze Massen ist? Kann es nicht sein, dass da so 1-3 Menschen bei sind, die im Rahmen dieser Masse einfach nur Krawall ohne Konsequenzen für sich wollen? Und dass das ganz vielleicht bei der Masse der Menschen nicht so super positiv ankommt, wenn Steine fliegen, es brennt und eine Horde schwarzgekleideter Vermummter Parolen gröhlt?
Möchtet ihr, dass an die Stelle von friedlichen Demonstrationen und Überzeugung von Menschen ein gewaltbereiter Mob tritt, der sich daran erfreut, martialisch aufzutreten, sich zu produzieren und seinen Spaß zu haben? Meint ihr, dass möchten die Leute nebenan auch und sie werden danach überzeugt für linke Ideen eintreten?

8. Bigotterie

Ihr seid für Vielfalt? Lebt sie und lasst andere Meinungen zu. Ihr seid strikt und extrem gegen Kapitalismus? Schmeisst euer iPhone weg, kauft keine Klamotten und lasst das große M weg. Ihr hasst Deutschland? Dann nutzt eure Reisefreiheit. Ihr seid für Grundrechte? Dann lasst Idioten demonstrieren und lasst Menschen ihre Meinung (oder überzeugt sie). Ihr seid gegen Nationalstaaten? Dann seid es auch bei Israel. Ihr seid gegen Verurteilung aufgrund der Herkunft? Dann lasst es auch bei Amerikanern, Russen oder Deutschen.

Und vor allem: Legt an euch selber höhere Maßstäbe, als an andere Menschen, nicht umgekehrt.

Wollt ihr von Menschen regiert und kontrolliert werden, die bigott sind? Mögt ihr unsere Regierung und die Kirchen mit all ihrer Bigotterie?

9. Symptome statt Ursachen angehen

Wenn ihr wirklich was bewegen wollt, dann macht es nicht wie die Politiker, die ihr dauernd dafür kritisiert und geht nur Symptome an. Klar ist es leichter und für das Selbstbild und die Selbstdarstellung ausreichend, miese Symptome anzuprangern, aber dumme oder feindliche Einstellungen haben auch Ursachen. Versucht diese zu ändern. Versucht die Gesellschaft und das herrschende System zu ändern, nicht nur immer Köpfe einer Hydra abszuschlagen.

Wollt ihr Krankheiten medikamentös behandeln oder vielleicht doch den langen Weg gehen und die Ursachen angehen und beseitigen?

10. Zerstrittenheit

Die linke Szene ist so dermaßen zerstritten durch Strömungen und Ansichten zu einzelnen Themen, dass es schmerzt. Was? Du bist pro Israel/Palästinenser? Pro/anti Amerika? Mit dir rede ich nicht, egal zu welchem Thema, du bist Teil des Bösen!

Dass sich andere Leute mit anderen Ansichten kaputt lachen ist nur logisch. Wo wegen Differenzen in Einzelpunkten die Zusammenarbeit in allen Punkten leidet oder gar unmöglich wird, kann man nichts erreichen.

Wollt ihr, dass jemand, der in einem Punkt eine andere Meinung hat, euch nicht unterstützt in anderen Punkten?

Kurz gesagt: Es ist in großen Teilen eher ein Problem der Kommunikation und des Handelns, als der Themen.

Ich möchte gerne Menschen, möglichst viele sogar, überzeugen. Wollt ihr das auch?